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Hilfe, Corona hat meine Bucket-List verändert!

Was uns nicht umbringt, macht uns leider nicht unbedingt stärker. Da hat sich der gute Nietzsche leider getäuscht. Einschneidende, negative Lebensereignisse haben vor allem eines gemeinsam: „Sie senken im Durchschnitt die emotionale Stabilität und fördern die Ängstlichkeit, das häufige Sorgen und Gedankenkreisen, Stimmungsschwankungen und Traurigkeit“ (Prof. Jule Specht). Sie fühlen sich getroffen? Ich finde, dass ist die beste Corona-Psychoanalyse, die man aktuell so bekommen kann. Es hilft ja auch, wenn man weiß, dass es anderen derzeit ähnlich geht. Und jeder hat so sein eigenes Tempo, um sich davon zu erholen. Fakt ist: Diese Erholung braucht Zeit und wir sind ja noch mittendrin. 

Ich stelle eines Morgens überrascht fest, dass ich augenscheinlich meine Bucket-List verändern muss. In 2017 habe ich in einem Blog erstmals über die persönliche Bucket-List berichtet. 

Viele Dinge, die auf diesen speziellen Wunschlisten stehen, die man in seinem Leben noch so erreichen will, haben ja häufig auch etwas mit fernen Ländern zu tun. Oder mit der Möglichkeit Dinge zu tun, die man aktuell aufgrund von Corona-Verordnungen nicht darf. Meine „neuen“ Bucket-List-Punkte beziehen sich vor allem auf Dinge, die ich vorher schon als „selbstverständlich“ abgetan hatte und damit nicht mehr explizit auf irgendwelche Listen abwälzen musste. Der Besuch des Oktoberfestes zum Beispiel oder einen gemütlichen Pokerabend mit Freunden. Heute zählt ein Zoo-Besuch schon als Errungenschaft oder auch den Kindern mal wieder eine Kugel Eis kaufen zu können. Insofern hilft uns die Pandemie auch wieder Dinge wert zu schätzen, die man völlig aus dem Blick verloren hat. Sie hilft uns nochmal einen Schritt zurück zu gehen und dass „höher, schneller, weiter“ (zum Beispiel: 20 neue Fernreiseziele in den nächsten fünf Jahren) einen Moment lang in Frage zu stellen. 

Auch hier geht es mir, wie den meisten Menschen. Generell kann man sagen, dass Menschen, die das Gefühl haben an einem Schicksalsschlag gewachsen zu sein, berichten, dass sie nun wieder „die kleinen Dinge des Alltags“ schätzen gelernt haben und sich auf „die wichtigen Dinge in ihrem Leben konzentrieren zu können.“ Menschen schaffen es, dem Erlebten einen tieferen Sinn zu geben. Laut Specht ist das ein Indiz für einen erfolgreichen Bewältigungsprozess.

Es ist Okay

Über einen tieferen Sinn der aktuellen Krise, kann man sicher streiten, aber den Fokus auf die kleinen Dinge zu lenken, dabei können uns auch Instrumente helfen wie z.B. das „Das 6-Minuten-Tagebuch“ (Dominik Spenst). Es unterstützt dabei nicht nur auf das zu schauen, was fehlt (Restaurant, Fitnessstudio, Freunde, Reisen), sondern sich auf Fortschritt und das Gute zu fokussieren. Sechs Minuten, um „wünschenswerte Gewohnheiten wie zum Beispiel Dankbarkeit, Optimismus oder persönliches Wachstum durch tägliche Reflexion aufzubauen.“ Wer sich nicht gleich das Tagebuch kaufen will, kann auch erstmal nur den wöchentlichen E-Mail-Newsletter von Dominik Spenst abonnieren. Da gibt es schon regelmäßig schöne Impulse für die ausgetrockneten Synapsen. 

Ein Plakat aus der Kampagne von Lisa Gumprich
Ein Plakat aus der Kampagne von Lisa Gumprich

Ich weiß auch nicht, ob persönliches Wachstum in Zeiten der Krise so ein furchtbar erstrebenswertes Ziel ist. Die Erhaltung der psychischen und physischen Gesundheit wäre da meines Erachtens ein wichtigeres Anliegen. „Durchhalte-Parolen“ kann eigentlich keiner mehr hören, da freut man sich über die die erfrischende „Es ist okay" - Kampagne. Das ist ein Kreativ-Kollektiv rund um Lisa Gumprich, die viele aufmunternde Plakate entworfen haben.  

 

Meine persönliche Bewältigungsstrategie beinhaltet neben einem Telefonat mit einer guten Freundin auch immer Humor. Ich frage mich ja schon lange, warum dieses schöne Buch „Scheißleben“ keine Neuauflage mehr verzeichnet. 2008 mit einem französischen Blog (www.videmerde.fr) gestartet, wurden die komischsten und tragischsten Beiträge des Blogs in einem Buch zusammengefasst. Meine Recherche ergab: Die deutsche Version der Seite ist offenbar abgestellt, aber auf englisch kann man sich noch Luft machen (https://www.fmylife.com) So kann man gemeinsam über Schicksalsschläge lachen oder eben auch mal weinen. 

 

Mehr zum Thema Persönlichkeit bei Prof. Jule Specht gibt es in ihrem Buch "Charakterfrage" oder auf ihrem Blog "Jule schreibt".

Mehr über das Thema Persönlichkeitsentwicklung und das 6-Minuten-Tagebuch gibt es von Dominik Spenst und seinem Team auf der Webseite Urbestself.

Alles rund um die "Es ist okay"-Kampagne gibt es hier